17.09.2025
Aktenzeichen Angela – Fieberhafte Ermittlungen im Wohnzimmer
Samstagnachmittag, Wohnzimmer. Angela liegt würdevoll auf dem Perserteppich, die Arme elegant über der Brust verschränkt. David und ich stehen daneben. „So, Angela“, verkünde ich feierlich und klappe ein imaginäres Notizbuch auf, „wir sind das Ermittlerteam Ballauf und Schenk. Und du bist … äh … tot.“
Ich blättere bedeutungsvoll in meinem unsichtbaren Notizbuch. „Kollege Schenk, bei der Dame handelt es sich um Brunhilde Steinbach, 54 Jahre alt, Buchhalterin.“ „Warum Brunhilde?“, murmelt Angela ohne die Augen zu öffnen. „Psssst! Leichen stellen keine Fragen!“, tadelt David und rückt seine improvisierte Polizeimütze zurecht – eine vergilbte Fan-Kappe von Werder Bremen. „Außerdem klingt Brunhilde nach jemandem, der vergiftet wurde, ein Name wie aus einer Wagner-Oper.“
Ich nicke anerkennend. „Ganz richtig, Kollege Schenk. Todesursache: Knollenblätterpilze im Risotto.“ Angela öffnet empört ein Auge. „Knollenblätterpilze? „Das ist so banal. Kann ich nicht wenigstens auf außergewöhnliche Weise sterben? Zum Beispiel von einem Kronleuchter erschlagen?“ „Leichen haben kein Mitspracherecht bei der Todesursache, sorry“, erkläre ich streng. David beugt sich fachmännisch über sie. „Moment, ich sehe Anzeichen für Arsenvergiftung. Die Fingernägel glänzen verdächtig.“ „Das ist der neue Nagellack von Chanel, du Banause!“, empört sich Angela. „Niemals! Brunhilde trägt keinen Chanel, eher Bio-Lack aus dem Reformhaus“, widerspreche ich.
Angela richtet sich entrüstet auf. „Brunhilde hatte Geschmack! Die war bestimmt bei der Kosmetikerin.“ David runzelt die Stirn. „Wer geht denn bitte vor seiner eigenen Ermordung noch zur Kosmetikerin?“ „Jemand, der weiß, dass er im Fernsehen gezeigt wird!“, kontert Angela prompt. Ich notiere eifrig in der Luft. „Interessant. Das Opfer wusste also von seinem bevorstehenden Ableben. Möglicherweise Selbstmord?“ „Auf keinen Fall!“, protestiert Angela. „Brunhilde war Lebenskünstlerin. Die wurde definitiv ermordet. Von ihrem habgierigen Schwager.“ „Du erfindest gerade dein eigenes Drehbuch“, stellt David fest. „Jemand muss es ja tun. Eure Ermittlungsarbeit ist unterirdisch.“
Ich räuspere mich und versuche, wieder etwas Struktur in die Szene zu bringen. „Zurück zur Spurensicherung. Angela, würdest du bitte wieder sterben? Richtig tot diesmal. Mit offenem Mund und glasigen Augen.“ Angela legt sich gehorsam zurück, reißt den Mund auf und starrt zur Decke. „So tot genug?“ „Leiser atmen. Und flacher“, kommandiert David. „Und gleichzeitig müssen wir das Starren üben“, ergänze ich. „Denk einfach an deinen letzten Zahnarztbesuch.“ Und tatsächlich: Angela verwandelt sich binnen Sekunden in eine Wachsfigur.
„Unglaublich! Du wirkst wie eine professionelle Verschiedene“, lobe ich. „Danke“, haucht sie – so leise, dass selbst ein Flüstern dagegen wie ein Raketenstart klingt. „So können wir sie ruhig mal eine Minute liegen lassen, Ballauf. Damit das in Fleisch und Blut übergeht“, meint David und greift sich ein Tütchen Popcorn vom Esstisch. „Hat sie eigentlich die Pathologie-Szene mitgebucht?“, fragt er mich mit vollem Mund. Ich zucke mit den Schultern. Angela bleibt regungslos. Kein Nicken, kein Kopfschütteln. Wie auch – sie ist ja tot.
„Naja“, sage ich, „und wenn, dann müssen wir das später im Schlafzimmer üben. In der Pathologie ist die Leiche schließlich nackt.“ Ich zwinkere David zu, der sich das Lachen nur mühsam verkneifen kann. Ich blicke nach unten – und sehe, wie sich Angelas linker Nasenflügel minimal wölbt. So nach dem Motto: „Es ist besser für dich, eine perfekte Leiche nicht zu reizen.“
Wir zählen die letzten Sekunden runter. 58 … 59 … Ich greife nach einem Popcornstück, knie mich neben sie und halte es ihr wie ein edler Kellner auf die Zunge. „Zur Belohnung für exzellent gespielte Leblosigkeit“, sage ich ehrfürchtig. Doch plötzlich – Schnapp! – Angela beißt zu und erwischt dabei nicht nur das Popcorn, sondern auch die Kuppe meines Zeigefingers. „Das war für deinen Kommentar eben, Kommissar“, sagt sie. „Ich musste hier kurz zur Täterin werden. Nichts für ungut, Ballauf.“ David bricht in schallendes Gelächter aus.
Angela hat sich an diesem Übungsnachmittag Schritt für Schritt daran gewöhnt, dass um sie herum Quatsch gemacht, geredet und gelacht wird – und dass sie sich trotzdem zusammenreißen kann. Ohne Lächeln, ohne Miene. Am Abend legte sie sich noch einmal ganz allein auf den Teppich. Im Hintergrund lief leise Musik. Sie versuchte es mit Trance, probte für sich selbst.
Ganz besonders konzentriert sich auch mein Steuerberater Roland Wilm bei der Erstellung der Steuererklärung. Anders ist es kaum zu erklären, dass wirklich jede Zahl sitzt und mein Gesicht nicht blass wie das einer Leiche wird, wenn Post vom Finanzamt kommt. Beim nächsten Mal frage ich ihn, ob er auch so ein großer Tatort-Fan ist wie meine Frau – und sage ihm, dass er unbedingt einschalten soll, wenn sie dort mitspielt.
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