Mehr als die klassische Steuerberatung

03.11.2021

Das besondere Wort – und warum es besonders bleiben sollte

Zwanzig Jahre verheiratet. Was für eine lange Zeit. Manchmal komme ich mir vor wie aus einer anderen Epoche. Denn: Was ist bloß mit der Liebe geschehen? In Gesprächen zwischen vorwiegend jüngeren Menschen höre ich sie sie pausenlos aufploppen, diese Liebe – ob auf Whatsapp, am Telefon oder beim Smalltalk im echten Leben. Mein Sohn liebt „die Butterkekse dieser hippen Sweets-Brand“, weil sie so samt auf seiner Zunge zergehen. Meine Tochter liebt das neue, technisch aufgerüstete iPhone, weil sie die Bildqualität „echt nice“ findet, mein Schwiegersohn liebt eine Fantasyserie auf Netflix, weil die Maskenbildner so herrlich düstere Gesichter zaubern. Alles Gründe, Liebe zu verteilen – wie vom Fließband. Leicht frage ich mich hierbei, wo denn „Liebe“ anfängt.

 

Wenn ich durch Prospekte blättere oder an Plakatwänden vorbeilaufe, merke ich, dass ich mehr als nur meine geschätzte Frau lieben sollte. Bei einer bekannten Supermarktkette flirren offenkundig Liebesschwüre durch die Filiale – von der Käsetheke über die Gefriertruhe bis zur Kasse. „Wir lieben Lebensmittel“, heißt es dort; Linseneintopf, fettreduzierten Frischkäse oder auch Erdnussflips. Eben alles, was vertilgt werden kann. Wenn ich nicht aufpasse, erwische ich womöglich einen Mitarbeiter, wie er einem geräucherten Lachs einen Ehering ansteckt. Artikel wie Alufolie, Schuppenshampoo oder Klopapier liebt man dort scheinbar nicht – denn das sind ja keine Lebensmittel. Vielleicht „mag“ man sie wenigstens.

 

Eine bekannte Fastfood-Marke spricht aus der Sicht des Konsumenten: „Ich liebe es“, lautet der entsprechende Slogan. Was für ein Menschenbild muss die Marketingabteilung haben, wenn sie davon ausgeht, dass der Kunde emotionale Zuflucht in braungebrutzeltem Hack mit gedünsteten Zwiebeln, Gürkchen, Senf und Ketchup sucht, eine tiefe und exklusive Verbundenheit zu Chicken McNuggets oder McFlurry verspüren könnte? Okay, mit Karamell-Topping schmeckt das Eis schon ziemlich dufte, aber lieben? Wenn man Kekse, Burger, Handys und Serien liebt, und noch ganz viele andere alltägliche Dinge, wenn sozusagen alles „Liebe“ sein kann, wie sollen sich meine Frau, meine Kinder, mit denen ich dieses Gefühl wirklich verbinde, dann noch besonders vorkommen?

 

Wenn uns die Liebe in sämtlichen Kontexten um die Ohren fliegt, schleift sich ihr Sinngehalt ab. Liebe ist groß, sie hält Höhen und Tiefen aus, das kann ich mit meinen Erfahrungen aus zwanzig Jahren Ehe bezeugen. Und mit Tiefen meine ich nicht das gemeinsame Bedauern eines unvermeidlichen Familienfreundes, der unsere Tochter in abgewrackter, durchlöcherter Lederkluft vor den Altar führte, nein, dieses und ähnliche Vorkommnisse sind nur ein Augenzwinkern schwer im Vergleich zu beruflichen Miseren und Krankheiten. Die Liebe zählt zu den gewaltigsten Antriebskräften des Menschen. Kaum ein Begriff ist derart mit symbolischer Energie aufgeladen. Also versuche ich ihn vor rhetorischer Ausbeutung zu schützen. Deswegen habe ich meiner Frau zum Hochzeitstag einen Brief – und keine E-Mail – geschrieben. Mit den magischen drei Worten, die ich auch wirklich so meine. Und mit denen ich sie erst einige Jahre nach unserer ersten Begegnung bedacht habe. Dafür umso überzeugter.

 

Bei allem Schwelgen darf ich nicht vergessen, meinen Steuerberater noch anzurufen. Eine Frage zur Umsatzsteuervoranmeldung. Ihn liebe ich nicht, aber ich schätze ihn. Weil mit ihm immer auch ein Plausch über persönlichere Themen möglich ist. Nur Zahlen, nur Fakten, staubtrocken? Bei mir geht das so nicht. Ich brauche eine zwischenmenschliche Ebene. Auch bei den Steuern.


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