Mehr als die klassische Steuerberatung

03.03.2022

Die falschen Redewendungen – über den Wert von Wahrheit

Ich bin ein Gegner von Phrasen und Redewendungen. Wie entschieden haben wir uns in der Silvesternacht gegenseitig in die Ohren geflötet: „2022 kann nur besser werden.“ Ich habe in diesen Chor nicht eingestimmt. Ein solcher Satz ist nämlich schnell in die Welt posaunt – er tönt leicht und logisch. Doch niemand hat sich damit beschäftigt, wie realistisch diese Vorhersage wirklich ist. Es sind Alltagsgefühle, die uns hinreißen, Wünsche in Tatsachen zu hüllen. Die Realität holt uns häufig ein – so auch aktuell. Ich muss meinen Kindern erklären, ob ein Krieg auf uns zukommen könnte. Ich kann ihnen keine eindeutige Antwort geben. Wir tappen alle im selben Nebel. Ich kann ihnen aber begreiflich machen, dass einleuchtend klingende Sätze nur selten Lösungen auf die Fragen unserer Zeit darstellen. In einer Welt, die mit jedem Tag komplexer wird, müssen wir uns daran gewöhnen, zweimal hinzuschauen, zwischen den Zeilen zu lesen.
 

„Alles gut“ – als Frage und als Antwort eingesetzt – ist eine weitere Redewendung, die sich unter den Menschen breit gemacht hat. Sie hält den Kreislauf der trügerischen Leichtigkeit unentwegt am Laufen. „Alles gut?“ lehnt das tiefgründige Nachhaken ab, kürzt ein facettenreiches Befinden auf eine Formel ohne Grauschattierungen zusammen. Sie ist sinnverwandt mit anderen ohne tieferes Wahrheitsbedürfnis eingesetzten Formulierungen wie „Wie geht ́s dir?“ oder „Alles in Ordnung?“. Der Unterschied: Erstgenannte gewährt zumindest auf dem Papier die Wahl zwischen „gut“, „mittelprächtig“, „schlecht“ oder noch feineren Abstufungen, zweitgenannte zielt auf der Emotionsskala nicht ganz so weit nach oben, die Hürde offen zu reden ist niedriger.
 

Genauso wenig wie „Alles gut“ sollten wir uns derzeit eine Phrase wie „Think positive“ um die Ohren schleudern. Denn Ängste lassen sich nicht einfach wegschieben. Sie sitzen oft wie ein Hinkelstein in uns – und den kratzt es nicht im Geringsten, wenn man ihn mit Knallerbsen der Vernunft bewirft. Speziell für harte Einschnitte und Krisen gilt das. Trotzdem treiben wir im Austausch die gute Laune und das gelingende Lebens so sehr auf die Spitze wie nie zuvor. Niemand wird den Mut haben, dem Fragesteller, besonders wenn es ihm augenscheinlich blendend geht, sein authentisches „Ich“ aufzutischen, ihn mit weitreichenderen Gedanken zu „belästigen“.
 

Lernen wir daraus und lassen wir das Zögern und Abwägen zu: Ein neues Jahr muss nicht zwingend besser als das letzte verlaufen, bei niemandem ist „alles gut“ und „Think positive“ verursacht manchmal eher Ratlosigkeit als Zuversicht. Wenn wir unseren Mitmenschen differenzierter begegnen – gerade jetzt –, fühlen sie sich angenommener, vielleicht fällt von ihnen Ballast ab, weil sie zumindest einen Teil ihrer Sorgen äußern dürfen. Und deswegen versuche ich meinen Kindern nichts vorzuspielen, sondern ausführlich zu antworten – gewürzt mit einer Prise Hoffnung. Ich bin überzeugt, ein ausgedehntes, ernsthaftes Gespräch schweißt die Familie mehr zusammen als künstliche gute Laune und beliebige Phrasen. Mein Steuerberater Roland Wilm ist auch ein Meister darin, genauer hinzuschauen. Im Leben und bei den Steuern. Darum schätze ich ihn so sehr. Und weiß, dass ein Telefonat auch immer etwas länger dauern kann. Minuten, die mir und ihm wichtig sind.


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