Mehr als die klassische Steuerberatung

10.06.2023

In der Klemme – Wie komme ich jetzt ans Ziel?

Immer noch kauere ich am Wegesrand und scrolle durch die Kontakte. Aus dem Gebüsch starrt mich dreist-bedrohlich ein Eichhörnchen an, oder nennen wir es: ein Miniatur-Ninja. Entsprechend zittrig schwirren meine Finger über den Screen. Da! Endlich! Das ist die Nummer, die ich gesucht habe. Ich wähle sie. Nach einigen Sekunden hebt ein Mann am anderen Ende ab. Dumpf und forsch begrüßt er mich: „Ja, wer da?“ Moment mal. Das soll mein 17-jähriger Praktikant sein? Egal, ich habe keine Zeit zu verlieren. „Torsten, hör zu, ich bin gestürzt, mir geht es inzwischen wieder gut. Würdest du trotzdem etwas langsamer laufen und dich überholen lassen? Wir wollen doch nicht, dass ich als Letzter ...“


„Ist wieder jemand gestorben bei Ihnen, Taxing?“, fällt mir die Stimme ins Wort. „Verständlich, dass in dieser Ausnahmesituation Gedankenkarneval in ihrem Kopf herrscht. Möchten Sie eine Salami-Sinfonie für den Gaumen bestellen? Eine Hähnchenbrust mit Knusperfaktor?“ Plötzlich dämmert mir, wer hier spricht. Es ist Herr Torsten, der Metzgermeister, mit dem ich im März den Leichenschmaus für meine abgetretene Großtante organisiert hatte. Ich war in der Zeile verrutscht. „Entschuldigen Sie, Herr Torsten, verwählt ... alle quicklebendig. Wenn wieder jemand die Segel streicht, sind Sie unser Mann“, sichere ich ihm unbeholfen den nächsten Auftrag zu.


Dann wähle ich die richtige Nummer. Mein Praktikant hebt ab. Ich wiederhole meinen Vortrag von der zu vermeidenden Schlusslicht-Pein: „Totti, mein Lieber, du erhältst eine Trödelprämie von 200 Euro und ein Star-Wars-Mousepad, wenn ich dich überholen darf. Meine ganze Familie steht am Ziel, ich will mich vor ihnen nicht blamieren. Meine Frau fiebert seit Wochen mit mir, sie wird nicht verkraften, mich mit der roten Laterne eintrudeln zu sehen.“ Die Antwort von Torsten erzeugt einen kalten Schauer auf meinem Rücken: „Ich weiß, wie wichtig familiärer Zusammenhalt ist. Meine Mutter erzieht mich alleine. Natürlich helfe ich Ihnen. Ziehen Sie kurz vor der Ziellinie an mir vorbei. Aber bitte behalten Sie die 200 Euro, und erst recht das Mousepad.“ „Danke, Torsten“, sage ich leise und lege auf.


Ich begebe mich in die Senkrechte, prüfe, ob ich einwandfrei stehen und gehen kann. Alles prima! Doch leider hat sich die Kordel aus meinen Shorts verabschiedet. Wie konnte das denn passieren? Ich beginne leicht zu joggen. Mein heruntergleitendes Oberschenkelzelt halte ich mit einem spitzen Griff des Zeigefingers und Daumens im Bereich des Weltfriedens. Die Ordner zwinkern mir mitleidig zu. Umso entschlossener beschleunige ich meinen Flug auf den hornhäutigen Fersen. Noch zwei Kilometer bis zur Erlösung. Das rhythmische Flattern des Windes versetzt meine Stützstrümpfe in hypnotische Schwingungen. So muss sich Johnny Cash bei seinem letzten Konzert gefühlt haben.
Ich meistere Meter um Meter. Bis ich im schimmernden Horizont die Silhouette eines einzelnen Teilnehmers erkenne. Das muss Torsten sein. Dicht vor ihm befindet sich bereits die Finisher Area mit einer gewaltigen Traube an Besuchern. Je näher ich ihm und dem Ziel komme, desto mehr breitet sich ein schlechtes Gewissen in meiner Brust aus. Wie konnte ich ihm diese Bürde auferlegen? Er ist Sportler, ich sehe ihn häufig Basketball spielen im Park. Und jetzt schleicht er mit einem gespielt gequälten Gesicht die Strecke entlang. Dass seine Eltern geschieden sind, wusste ich nicht. Seine uneigennützigen Worte erklingen immer wieder in meinen Gedanken. Ich kann nicht anders, ich beschließe: Er darf nicht letzter werden.


Eine Kleinwagenlänge hinter ihm, versuche ich ihm mit einem unauffälligen Fingerzeig zu signalisieren, dass er vor mir bleiben kann. Jedoch blickt er nicht zurück. In wenigen Sekunden bin ich gleichauf mit ihm. Das Ziel ist nur noch zehn Meter entfernt. Mit ihm ein Gespräch beginnen? Besser nicht. Sonst wittern die Besucher das abgekartete Spiel. Ich habe also nur die Chance, das Tempo zu drosseln. Schließlich kommt es, wie es kommen musste: Mich schwer keuchend in seinem Nacken spürend, drückt Torsten ebenfalls auf die Bremse. Bizarr zeitlupenartig schleichen wir direkt vor die Ziellinie. Dort angekommen trete ich wie ein Flamingo wechselnd ein Beinchen anhebend auf der Stelle. Torsten wankt, wogt und sinkt wie auf einer Hüpfburg ohne Luft gen Grund.


Die Zuschauer können ob der irrwitzigen Körperverdrehungen vor Lachen selbst kaum stehen. Selbst mein seriöser, professioneller Steuerberater Roland Wilm brüllt und weint sich ins Fäustchen. Meine Frau eilt zu uns, greift meine und Torstens Hand, um uns den entscheidenden Stoß über die Linie zu versetzen. „Wie kann man zwei letzte Plätze nur so humorvoll zelebrieren. Das habt ihr doch abgesprochen“, frohlockt sie wie ein Wonneproppen im Konfettiregen. Wenn sie wüsste. „Ich bin so stolz auf dich“, sagt sie und küsst mich auf die schweißunterlaufene Stirn. „Auf ihn sollten wir
heute stolz sein. Er hat sich eine besondere Belohnung verdient, aber das erzähle ich dir später“, sage ich und will auf Torsten deuten. Doch der streichelt mittlerweile neben dem Siegertreppchen einen Pekinesen, der enthusiastisch auf einer Hosenkordel herumkaut.


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