Mehr als die klassische Steuerberatung

28.10.2020

Schöne frühe Bescherung – Frau Stegmann und das Surren aus der Tanne

„Jedes Jahr dasselbe mit dir“, meckert meine Frau und vergräbt sich in die hinterste Ecke der Couch. „Du interessierst dich kein bisschen für Weihnachten“, beschwert sie sich. Ein Gewitter vorausahnend, ziehe ich zwei Übersprungs-Salzstangen aus der Packung. „Du weißt, dass mein Herz an Heiligabend hängt“, übertönt sie mein Knabbern. Tatsächlich waren die Feiertage für sie immer eine ganz besondere Zeit. Um Geschenke, Baum und Zeremonie machten sie und ihre Familie sich stets facettenreiche Gedanken – ab Oktober: „Was könnte ich basteln, was nähen?“ (Ich persönlich bastle nur Papierflieger – die abstürzen) „An welcher Stelle in der Grippe werden die Heiligen Drei Könige platziert?“ (Nebeneinander genügt!) „Wer besorgt die Zutaten für das Weihnachtsmahl?“ (Es ist doch bloß eine Gans?)

 

„Ich habe gestern von einem Christmas-Workshop gelesen“, kettet sie sich an mein Gewissen. Meine Gehirnzellen fahren hoch. Demonstriere ich einige Stunden guten Willen, erspare ich mir für den Rest des Jahres womöglich jegliche Diskussion: „Klasse Idee, Schatz.“ Am Samstag sitzen wir im Auto, auf dem Weg zur Astrid-Lindgren-Grundschule, wo der Workshop stattfindet. Das Radio mutiert an der letzten Ampel zum Vorboten des Grauens: „Last Christmas“. Mein Zeigefinger wandert instinktiv zum Umschaltknopf, doch er darf nicht vollziehen – die Hand meiner Frau wird zur Fliegenklatsche, ihr Sprechorgan zu einem Megaphon: „Lass das!“ George Michael säuselt weiter.

 

Wir teilen uns den Raum mit einem jüngeren Pärchen und einem Rentner, der hobbymäßig als Weihnachtsmann auftritt. Frau Stegmann tänzelt herbei und begrüßt uns mit einem motivierenden „Merry Christmas“. „Ich erkläre Ihnen nun, wie Sie Ihren Baum schmücken“, zeigt sie auf eine mitgebrachte Tanne und Kisten mit Lametta, Kugeln und Kerzen. Ich lache selbstgewiss. Die Teilnehmer stecken, schieben und korrigieren, als ich ein Geräusch vernehme: „Sssss.“ Eine riesige Fliege hatte im Baum ein Nickerchen gehalten und saust nun über unsere Köpfe hinweg. Wo ist die Klatsche meiner Frau, wenn man sie mal braucht? Ich öffne das Fenster und wedle den Brummer hinaus. Doch er dreht direkt wieder um. Trotzig wie ein Kind, das nicht verlieren kann, jage ich ihm hinterher. Ich quetsche mich zwischen Tafel und Tanne hindurch, als sich mein Hemd an einem Ast verfängt. Mit mächtigem Rumms reiße ich den Baum zu Boden, die Kugeln rollen in verschiedene Himmelsrichtungen. Meine Frau presst ihre Lippen zusammen.

 

Nach der Pause: Frau Stegmann bittet die Seminaristen, ihr Smartphone-Fotoalbum zu öffnen. „Suchen Sie nach romantischen Motiven und erstellen Sie daraus ein klassisches Fotoalbum. So schaffen Sie ein haptisches Erlebnis.“ Zögerlich krame ich mein Gerät aus der Hosentasche. Angela lugt mir über die Schulter. 327 Dateien. Die Überschriften der Strecken: „Ich beim Dromedar-Reiten“, „Kegeln im goldenen Ochsen“ und „Oktoberfestfiasko“. „Bevor wir aus diesem peinlichen Potpourri ein Fotoalbum bauen, blase ich Weihnachten komplett ab“, tippt sie auf ein Bild mit einem Pfläumchenverschluss auf meiner Nasenspitze. „Wir schauen daheim in mein Handy“, grummelt sie. Ich schiebe das Telefon verlegen an den Tischrand und nehme mir vor, zuhause meinen Steuerberater Roland Wilm anzurufen. Dann habe ich einen Grund, der Recherche zu entkommen – und nebenbei erfahre ich, wann ich meine Unterlagen für die Steuererklärung abgeben muss und welche neuen Spar-Potenziale es im Zusammenhang mit Corona gibt.


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